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Ein Beispiel: X-Y-Z. ter in dieser Herzenshaltung.
Franziska kommt vom Kinder- Wahrhaftigkeit und Echt-Sein
garten nach Hause und sagt zu X: In dem Beispiel sehen wir, auch dem Kind gegenüber (z.B.
ihrem Vater (dieser sitzt im Ses- dass sich der Vater seiner Toch- das eigene Unvermögen einge-
sel und will nach einem anstren- ter zuwendet. Er stellt sich ihrer stehen) wird die Beziehungsfä-
genden Tag entspannt Zeitung Not, geht mit ihr in diese hinein higkeit des Kindes wesentlich
lesen): und stellt sich Franziska als Per- fördern und das Einbringen der
„Heute haben mich alle wegen son zur Verfügung. Er lässt sie eigenen Gottesbeziehung leben-
meiner roten Haare ausgelacht.“ mit ihrem Schmerz nicht allein, dig erscheinen lassen.
hilft ihr, diesen klarer wahrzu-
Wie würden Sie reagieren? Und nehmen. Der Vater übernimmt Z: Am Ende des Beispiels ver-
kann das etwas mit Glaubens- Verantwortung in dieser Situati- weist der Vater auf Gott: „ER
vermittlung zu tun haben? on und vermittelt seiner Tochter hat dich wunderschön gemacht
Hoffnung, schenkt ihr seine So- und hat dich lieb“. Im Kontext
Denkbare Reaktionen: Der lidargemeinschaft. Kurzum: Er der Situation (Hinwendung des
Vater wendet sich seiner Tochter wendet ihr sein Herz zu. Vaters) wird jetzt mit dem Ver-
kurz zu und bemerkt: weis auf Gott das Gottesbild des
− dass andere Kinder dafür eine Y: Genau hierin kommt göttli- Kindes geprägt. Durch die zur
Brille oder Sommersprossen ha- che Liebe durch den Vater zum Verfügungstellung des Vaters
ben Tragen und durch diese wird es und das Wirken des Heiligen
− dass Gott sie trotzdem schön möglich, die Faktizität der Ab- Geistes wird Glaube möglich,
gemacht hat und sie liebt lehnung respektive die erlebte die Gottesbeziehung des Kindes
− dass die anderen Kinder doof Wirklichkeit = X zu übersteigen. wächst.
sind Liebe ist ihrem Wesen nach Hier wäre jetzt auch der Mo-
− dass er, ihr Vater, sie schön fin- göttlichen Ursprungs. ment, dass der Vater mit und
det In der zweiten Dimension - Y - für seine Tochter und/oder
− der Vater nimmt seine Tochter kann man von einer immanen- diese selbst betet. Auf dieser
auf den Schoß, kuschelt sie an ten Transzendenz sprechen, von dritten Ebene Z der geoffen-
sich und liest weiter einer Göttlichkeit, die hier dem barten Transzendenz kommen
Verhalten des Vaters innewohnt. Anspruch und Verheißung des
Oder so? Diese zweite Dimension ist also christlichen Glaubens zum Aus-
Der Vater (im Stillen für sich weitaus mehr als die empirische, druck: der Anspruch, jederzeit
und seine Tochter betend) legt erlebte Wirklichkeit, sie ist eine zu einem lebendigen Gott gehen
seine Zeitung ab, geht zu Fran- Art Chiffre für alles, was ver- zu können, der immer für den
ziska, nimmt sie auf den Arm dankt wird, was weder herstell- Menschen da ist, und die Ver-
und sagt ihr, dass sie die schönste bar noch messbar ist, was nicht heißung, dass wir trotz Ableh-
Franziska für ihn ist, die es gibt. greifbar und nicht bezahlbar ist, nung durch Menschen von ihm
Dabei streichelt er ihr vor einem so wie Hoffnung, Freundschaft, geliebt sind, bei ihm Annahme
Spiegel stehend über Kopf und Liebe, Solidarität usw. und Geborgenheit finden und
Gesicht und tröstet sie. empfangen.
Er lässt sich die Situation im Franziskas Vater hat in der Situ-
Kindergarten noch einmal er- ation auch eigene Bedürfnisse, Hier weiterlesen Linkzeichen
zählen, sie reden auch über an- aber er stellt sich der Not seiner
dere Erfahrungen des Tages und Tochter und vor allem öffnet er
Franziska erlebt, dass sie ernst sich mit seiner eigenen Gottes-
genommen wird. Der Vater ver- beziehung und reagiert aus dieser
sichert ihr außerdem, dass Gott heraus. Er nutzt also nicht allein
sie ganz wunderschön gemacht sein menschliches Vermögen an
hat und sie liebt. Empathie, Wertschätzung und
Zuwendung, sondern weiß sich
selbst von Gott gehalten und ge-
liebt und begegnet seiner Toch-
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